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    Falls sich doch noch mal deutschsprachige Leser hierher verirren: Es gibt zwei interessante Artikel von Gerhard Falkner, der zusammen mit Nora Matocza die Übersetzung bewältigt hat. Ich empfehle sie wärmstens! Der erste Artikel mit dem Titel "Übersetzen in Pfahlbauweise und die Grundmauern der Pergamon Poems" ist im Juni in der kleinen österreichischen Literaturzeitschrift >>"Volltext"<<, der zweite Artikel in der August-Ausgabe des Literaturmagazins >>"Schreibheft"<< unter dem Titel "Mon Dieuleuze!" erschienen. In beiden schildert Falkner die Qual der Entscheidung (und überhaupt die ganze Quälerei der Übersetzung) in einem Zustand der Unwissenheit: Welche der vielen Bedeutungen, die in höchst mehrdeutigen Wörtern, Sätzen und Konstruktionen stecken, wird in eine Übersetzung hinein genommen, die diese Vielschichtigkeit nicht wiedergeben kann? Und selbst wenn der Kontext hilft, wird das, was mitschwingt, natürlich gekillt – das Dilemma von Lyrikübersetzungen. Es gibt in den Artikeln ein paar sehr schöne Beispiele. Die ganze Neuübertragung zeigt die Kunst des Weglassens in einem streng formalen Rahmen.

    In "Übersetzen in Pfahlbauweise" erzählt Falkner unter anderem, wie die Übersetzer mit Hilfe von Assistenten versucht haben, das Chromomosaik (die historische Zeitleiste in der Mitte) zu entschlüsseln und Bildern und kulturellen Resonanzen auf die Spur zu kommen, und wie dabei ein mehr als 1000-seitiges Konvolut angeschwollen ist, das sie die "fette" Übersetzung nennen, die dann auf die knappe Druckfassung zusammengekocht werden musste. In "Mon Dieuleze!" geht Falkner (allerdings eher oberflächlich) auf den postmodernen Diskurs ein, mit dem man sich MZDs Werk gern nähert, um die für mich sehr interessante Frage zu stellen: Warum stürzen sich die Theoretiker, wie sie sich z.B. auf dieser Tagung (>>http://www.houseofleaves.com/forum/s...tionary-Leaves<<) in München getroffen haben, immer wieder auf den formal-strukturellen Kram, anstatt sich an den eigentlichen Inhalt zu wagen? Finde ich auch!

    Dann schreibt er auch, dass es bei den Revolutions mehr um die kopernikanischen "De Revolutionibus" geht als um wirkliche Revolten, um dann aber seine Hauptthese aufzustellen, dass sich aus Hailey und Sam ein Hail Sam ergibt; kurzum: ein Lied über Amerika. Die zwei Teenager stehen demnach – ja für was? Den amerikanischen Traum im Weltkontext? Oder vielleicht auch für das Politische im Privaten? Oder für die Ökologie der Ignoranz? (Auf einer Buchvorstellung in Deutschland fragte eine der Anwesenden, warum das Buch denn "Only Revolutions" heißt...?) Egal, es geht um Politik, und folglich auch um Revolutionen. Und in der deutschen Übersetzung kommt gerade dieser Aspekt des Politischen, das sich durch die Erzählung des Liebespaars windet und die es bindet, klar heraus, trotz der Schwierigkeiten, Quellen wörtlich zu identifizieren. In den deutschsprachigen Rezensionen, die ich gelesen habe, wird darüber allerdings wenig geschrieben.
    Last edited by Magda; 09-05-2012, 01:49 AM.
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